Samstag, 19. April 2014

Lebende Äste, Wurzeln und Blätter ? So etwas gibt es? Und ich kann diese skurrilen Tiere selber halten und züchten? Unglaublich ! Ein Interview mit dem Phasmidenzüchter Daniel Dittmar

Daniel Dittmar lebt in Berlin und züchtet erfolgreich Insekten, hauptsächlich Phasmiden. Zur Zeit hat er 24 Phasmidenarten in Zucht und war bereit uns ein Interview zu geben, um etwas über die Phasmidenzucht zu erzählen.



Wie bist du zur Phasmiden- bzw. Insektenhaltung gekommen und
wie lange betreibst du das schon?

Ich war als etwa 10jähriger Junge in der ehemaligen DDR in einer Arbeitsgemeinschaft „Entomologie“. Es war damals üblich, seine Freizeit in solchen Arbeitsgemeinschaften zu verbringen und Krabbelzeug hat mich schon immer interessiert, wie wahrscheinlich jedes Kind. Dort lernte ich den Umgang mit einheimischen Insekten und deren Präparation. Als die AG umziehen mußte, war unser neues Quartier ein Gebäude im Tierpark Friedrichsfelde in Berlin. Im dortigen Tropenhaus wurden Medauroidea extradentata, Sipyloidea sipylus und Extatosoma tiaratum gezüchtet und gezeigt. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis diese Tierchen auch bei mir zu Hause eingezogen sind. Ich hatte nun diese Tiere einige Jahre in Zucht, bis ich pubertätsbedingt andere Interessen in der Vordergrund schoben. Ich bin dann erst mit etwa 30 Jahren, auf der Suche nach einem neuen Hobby, wieder auf die Phasmidenzucht zurückgekommen. Ich wollte als Kind immer Wandelnde Blätter haben, diese waren in der DDR nicht zu bekommen. Aber jetzt, mithilfe des Internets, war es kein Problem mehr. So fing ich wieder mit der Zucht dieser Tiere an.


Was fasziniert dich an Phasmiden?

Phasmiden haben eigentlich alles, was interessante Haustiere ausmacht. Sie sind leise, stinken nicht, sehen skurril aus und sind überwiegend ungefährlich. Auch Tierhaarallergien sind kein Thema. Zudem ist die Versorgung der Tiere recht einfach und auch finanziell günstig. Eigenartig, dass es nicht mehr Phasmidenhalter gibt. Auch die riesige Bandbreite an Formen, Farben und Größen und die innerartlichen Variationen sind faszinierend. Zudem sind das auch Tiere, bei denen man schnell und zuverlässig Erfolgserlebnisse in der Zucht hat. Auch die schnelle Entwicklung und die kurzen Generationswechsel machen die Insektenzucht sehr kurzweilig. Es passiert eigentlich immer etwas, Schlupf, Häutung, Paarung, Eiablage usw.



Was muss man beachten, wenn man Phasmiden züchten möchte?

Man sollte mit einfachen, anspruchslosen Arten anfangen, damit man auch bei kleinen Haltungsfehlern nicht gleich große Misserfolge einfährt. Es gibt ja mittlerweile schon recht viele sehr schöne Anfängerarten, wie z.B. Sungaya inexpectata, Epidares nolimetangere oder Phyllium philippinicum. An solchen Arten kann man die Herstellung von optimalen Haltungsbedingungen sehr gut üben und dies über die Menge der Nachkommen überprüfen. Wer hier noch nicht die Lust an den Tieren verloren hat, kann sich nun mit den gewonnen Erfahrungen, an Arten heranwagen, die Haltungsfehler nicht so leicht tolerieren. Wichtig im Vorfeld zu klären ist, dass man sowohl im Sommer als auch im Winter zuverlässig an das Futter heran kommt. Auch sollte man bedenken, dass die Tiere auch im Urlaub gepflegt werden müssen. Da sollte man zuverlässige Leute kennen, die keine Scheu und das nötige Geschick haben, diese Aufgabe zu erledigen.



Wie viel Zeit beansprucht die Phasmidenzucht in deinem
Alltag?


Die reine Arbeit an den Tieren beansprucht nur etwa 2-3 Stunden in der Woche, wobei sich das ganz gut verteilt, da ich nicht alle Terrarien gleichzeitig bearbeite. Etwa nochmal so viel Zeit verbringe ich mit dem Heranschaffen des Futters, da ich doch schon etwas weitere Wege zurücklegen muss und ich auch verschiedene Pflanzen füttere, so z.B. Salal, Brombeere, Himbeere, Haselnuss, Erdbeere, Lorbeer, Liguster und Feuerdorn. Die phasmidenbezogene Arbeit am Computer, Dokumentation, Homepage, Foren, Facebook usw., kostet so etwa eine Stunde pro Tag.




Was glaubst du, wie sich die Phasmiden- bzw. Insektenzucht
in der Terraristik entwickeln wird?


Ich glaube, dass es leicht zurückgeht. Es kommen zwar immer wieder junge Züchter nach, aber nur wenige haben das echte Interesse und den Ehrgeiz, dieses Hobby intensiv zu betreiben. Ich schätze die Anzahl der ernsthaften Phasmidenzüchter auf deutlich unter 50 in Deutschland und es werden Jahr für Jahr weniger. Zudem wird die Phasmidenzucht in der Terraristikszene nicht wirklich ernst genommen So wird man auch gerne mal als Futtertierzüchter bezeichnet. Das schafft natürlich für junge Züchter keinen Anreiz, dabei zu bleiben.



Möchtest du den Lesern noch etwas sagen?

Im Moment sind etwa 300 Phasmidenarten in Zucht, einige davon sind so neu, dass sie noch nicht einmal wissenschaftlich beschrieben sind. Sie sind wahnsinnig faszinierend, wenn man sich auf sie einlässt. Ich denke, jeder der etwas für Insekten übrig hat, kommt an diesen Tieren nicht vorbei. Der Trick ist es, dran zu bleiben und immer neue Herausforderungen in der Zucht zu suchen. Ich würde mir wünschen, in nächster Zeit mehr enthusiastische Phasmidenzüchter bei den einschlägigen Treffen zu sehen und meine Erfahrungen zu teilen oder weiterzugeben, damit dieses Hobby nicht ausstirbt oder in der Bedeutungslosigkeit versinkt.






Wir danken Daniel Dittmar ganz herzlich für das Interview und wünschen ihm viel Erfolg bei seiner weiteren Zucht

1 Kommentar:

  1. Hallo
    Ich kann Daniel nur beipflichten Insekten sind faszinierend und immer wieder schön.
    Angelika

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